Erinnern heißt verändern

Anlässlich der Demonstration „Damals wie heute: Erinnern heißt verändern!“ 30 Jahre nach dem rassistischen Pogrom in Rostock Lichtenhagen, äußern sich die bündisgrünen Politiker*innen Claudia Müller, Bundestagsabgeordnete und Kandidatin zur Oberbürgermeisterwahl in Rostock, die Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour sowie der Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Ole Krüger: 

Claudia Müller: „Die Jugend- und Sozialarbeit ist Anfang der 1990er Jahre insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern viel zu kurz gekommen. Jugendclubs wurden reihenweise geschlossen und Strukturen teilweise kampflos den Rechtsradikalen überlassen. Generell wurde im Bildungsbereich vieles nicht ausreichend thematisiert, wie beispielsweise die Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Somit wurde ein Narrativ gefüttert, das sagte: ‚Früher war alles besser.‘ Der ganze daraus entstandene Hass hat sich schließlich symbolhaft in dem Pogrom von 1992 entladen. Ich muss jedes Mal daran denken, wenn ich am Sonnenblumenhaus vorbeikomme. Deshalb bin ich umso dankbarer dafür, dass Rostock zu einer weltoffenen, multikulturellen Stadt geworden ist.“

Omid Nouripour: „Ich weiß noch wie ich 1992 als Teenager vor dem Fernseher saß und fassungslos darüber war, dass diese rassistischen Angriffe von einer johlenden Menschenmenge begleitet wurden. Wir alle sollten uns immer wieder vor Augen führen, dass derartige Geschehnisse oft klein und banal beginnen. Es ist manchmal nur ein kleiner Schritt vom Alltag hin zu Hass und Hetze. Genau deswegen ist Erinnerung so wichtig.“

Ricarda Lang: „Jedes Mal, wenn ich alte Fernsehaufnahmen von dem Pogrom in Lichtenhagen sehe, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Nicht nur, weil die Geschehnisse an sich so abscheulich sind, auch weil die Kontinuitäten bis heute reichen. Das sehen wir an den Morden des NSU, dem Anschlag von Hanau oder dem Mord an Walter Lübcke. Wir müssen alles daran setzen, Menschen effektiv vor rechtsextremistischer Gewalt zu schützen. Der Kampf gegen Rassismus ist unser aller Auftrag. Insofern ist das Motto ‚Damals wie heute: Erinnern heißt verändern!‘ das Gebot der Stunde.“

Ole Krüger: „Das Pogrom von Lichtenhagen steht symbolhaft für die gewaltbereite und hasserfüllte Stimmung, die in den 90er Jahren im gesamten Bundesland herrschte. Die Angreifer sind nicht aus dem Nichts gekommen und nicht im Nichts verschwunden. Deshalb ist die Aufarbeitung der Geschehnisse eine Aufgabe aller Städte und Dörfer im ganzen Land. Es ist wichtig, dass aus der Erinnerung ein allgemeines Verantwortungsgefühl erwächst. Das geht nur über einen kontinuierlichen Dialog und erfordert die stetige Unterstützung von Initiativen und Vereinen. Ein vielfältiges M-V ist unser aller Gemeinschaftsaufgabe.“