Den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD kommentieren Claudia Müller, bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern und Ole Krüger, Landesvorsitzender der Bündnisgrünen MV:
Claudia Müller, Bundestagsabgeordnete: „Für unser Land haben viele auf den großen Wurf gewartet. Nun steht fest: Dieser Koalitionsvertrag ist es nicht. Er bleibt Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit schuldig – stattdessen hechelt er dem Stammtisch hinterher.
Beim Klimaschutz wird bereits Erreichtes rückabgewickelt. Europa wartet weiterhin vergeblich auf ein klares außenpolitisches Signal aus Deutschland – gerade in einer Zeit, die gemeinsame Stärke erfordert.
Die Ideen- und Ambitionslosigkeit zieht sich auch für die ostdeutschen Themen durch. Der Ostbeauftragte wird nicht mehr Kanzleramtsstatus haben, sondern degradiert ins Finanzministerium. Gerade angesichts der großen Wahlerfolge der AfD in den ostdeutschen Bundesländern, hätte mehr Chef-Sache hier gut getan.
Mit der Reform der Schuldenbremse haben wir als grüne Bundestagsfraktion den finanziellen Spielraum für diese Koalition mitgeschaffen. Mittel zum Gestalten sind da – doch an überzeugenden Ideen mangelt es.
Wir Bündnisgrünen werden die neue Regierung sachlich-kritisch, aber konstruktiv begleiten – im Interesse unseres Landes. Nach dieser Pressekonferenz bleiben bei mir aber ernsthafte Zweifel an der Regierungstauglichkeit dieser Koalition. Ich hoffe, dass sie in der Regierungsverantwortung mehr Ernsthaftigkeit zeigt, als sie bislang vermittelt. Gerade Herr Söder scheint auch in dieser Lage nicht über das Niveau seiner Nürnbergerwürstchen-Selbstdarstellung auf Instagram hinauszukommen.“
Ole Krüger, Landesvorsitzender: „Dieser Koalitionsvertrag ist ein Frontalangriff auf den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. CDU und SPD machen Politik für die Vermögenden – und gegen die Mehrheit.
Das Bürgergeld soll abgeschafft werden – ein weiterer Schlag gegen all jene, die ohnehin schon jeden Cent umdrehen müssen. Menschen in schwierigen Lebenslagen werden unter Generalverdacht gestellt und zur Ausbeutung genötigt, statt ihnen echte Perspektiven zu eröffnen. Gleichzeitig bleibt das Erbe von Milliardären weiterhin steuerfrei – die wirklich Reichen müssen nichts befürchten.
Dass das Bundesministerium für die ländlichen Räume wieder an die CSU geht, verheißt für Ostdeutschland nichts Gutes. Es ist abzusehen, dass ostdeutsche Perspektiven dort keine Rolle mehr spielen werden.
Es war erwartbar, nun haben wir Gewissheit: Umweltschutz spielt für diese Koalition keine Rolle. Er ist der Schwarz-Roten Koalition eine einzige Nennung im Koalitionsvertrag wert – nämlich um zu betonen, dass er aufgeweicht wird.
In der Asyl- und Migrationspolitik vollzieht die Koalition einen menschenrechtlichen Offenbarungseid. Asylsuchende werden als Menschen zweiter Klasse behandelt, entgegen aller europäischen Solidarität an den Grenzen abgewiesen und in menschenfeindliche Regime abgeschoben. Das geschieht mit voller Absicht – und gegen jede Vernunft. Diese Politik schreckt nicht nur Schutzsuchende ab, sondern gefährdet auch die so dringend benötigte Fachkräftezuwanderung. Errungenschaften im Bereich der Integration werden zurückgedreht.
Wir Bündnisgrüne werden weiterhin die starke Stimme Gerechtigkeit, Zukunft und Menschlichkeit sein – im Bundestag, in den Ländern und hier in Mecklenburg-Vorpommern.“