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Führen in der Pflege

Warum sind so wenige Frauen in Leitungspositionen?

Diese Frage beschäftigt mich in den letzten Jahren immer wieder und immer intensiver.
Das hat nicht unbedingt etwas mit Forderungen nach einer Quote zu tun oder EU-Richtlinien, die in jedem Aufsichtsrat mindestens eine Frau vorschreiben, sondern schlicht und einfach mit meinem Erleben und mit meinen Beobachtungen.

von Claudia

In meinem Beruf arbeiten fast 90 % Frauen – unter immer schwerer werdenden Bedingungen.

  • Freizeit kann nicht verlässlich geplant werden, da immer Jemand ausfällt und eingesprungen werden muss.
  • Körperliche Fitness ist schwierig zu erhalten, da die Couch nach einem anstrengenden Dienst einfach zu und zu verlockend ist.
  • Nebenbei will auch die Familie versorgt werden, die Kinder wollen betreut, versorgt und geliebt werden – sind die Kinder aus dem Haus brauchen die Eltern wahrscheinlich Zuwendung und Pflege

 

Ich bin Krankenschwester und ich bin seit 1994 Pflegedienstleitung.

1994, als ich das erste Mal auf eine Tagung der Leitenden Pflegekräfte meines Arbeitgebers fuhr, staunte ich über die vielen Männer, welche auch Pflegedienstleitungen waren. Ich kannte das nicht. Natürlich hatten wir in unserem Ausbildungsjahrgang auch Männer, die Krankenpfleger wurden – ganze 2, in jeder 20köpfigen Klasse einen (!) und ich glaube nicht, das es an anderen Schulen anders aussah.

Mit jedem Jahr das verging und mit jeder Tagung kamen mehr Männer dazu und mein Wundern wurde nicht weniger. Fast jede ältere Kollegin, die ausschied, hatte einen männlichen Nachfolger…. und das in einem absolut typischen „Frauenberuf“. In den Teams arbeiten noch immer 90 – 95 % Frauen, daraus können doch nicht 40 % männliche Leitungen hervorgehen…

Wie kann das sein? Was ist der Grund dafür, dass die wenigen Männer in der Pflege fast automatisch in Leitungspositionen rutschen und junge, gut ausgebildete Frauen auf der Stelle treten oder den Beruf verlassen?

Warum sind die Frauen in der Pflege nicht bereit Führungsaufgaben zu übernehmen?

Trauen sie sich nicht? Eine gläserne Decke wie in Wirtschaftsunternehmen? Überforderung? Angst, nicht mehr Teil des Teams zu sein? Mangelnder Ehrgeiz?

Der Spiegel wertete 2015 eine US-Studie so aus:

„Die Studie identifiziert als Antwort auf die Frage drei Hauptfaktoren:

  • männlich geprägte Rollenvorstellungen,
  • mangelnde Unterstützung des Vorgesetzten
  • und fehlende Vorbilder.“

 

Das Gegenrezept wäre also:

  • Loslösen von alten Rollenvorstellungen: Was gute Chefs ausmacht ist kein Y-Chromosom, und Männer sind rein biologisch eigentlich genau so mitfühlend, umsorgend und aufmerksam wie Frauen – es wird ihnen nur als Schwäche abtrainiert und ausgeredet.
  • Ein Apell an männliche wie weibliche Vorgesetzte, Quoten umzusetzen und auf Gleichberechtigung zu achten
  • Mehr Vorbilder für geschlechts-unabhängige Rollenvorstellungen auf allen Ebenen
claudia tamm

Claudia Tamm, geboren 1968, eine Tochter, eine Enkeltochter

  • seit 1987 Krankenschwester, seit 1994 Leitende Pflegekraft in einem KfH – Dialysezentrum
  • seit 2004 nebenberuflich Heilpraktikerin
  • seit 2012 bei den Grünen, seit 2016 Beisitzerin im KV Nordwestmecklenburg
  • Mitglied bei attac und DOTKOM.eV, Kulturgärtnerei Tressow
  • interessiert an Politik, Natur- (und) Wissenschaft